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"Er is' übers Brettl grutscht"

Zu einer Gedankenreise in die sich wandelnde Welt der christlichen Begräbniskultur lud Elfriede
Dirschedl ihre Zuhörer in der Schulaula in Haibühl ein. Nach dem Abschlussgottesdienst am Patroziniums-Sonntag war dies der letzte Programmpunkt der Veranstaltungen anlässlich des Jubiläumsjahrs „100 Jahre Pfarreien Haibühl und Hohenwarth“. 13 interessierte Zuhörer, darunter auch Pfarrer Johann Wutz und Gesamt-Pfarrgemeinderatsvorsitzende Nina Vogl waren dazu erschienen. Letztere überreichte am Ende der überaus interessanten Ausführungen ein Präsent an die Referentin.
Naturgemäß zählt der Totenbrauch zu den ältesten Bräuchen der Welt. Doch in den letzten Jahrzehnten führte eine hilflose Berührungsangst zu einer totalen Verdrängung des Todes aus dem Leben „Er wird tabuisiert, obwohl er elementar zum Leben gehört“, so Dirschedl. Das Bild, das sich der Mensch vom Tod macht, habe sich im Laufe der Zeit stark gewandelt. Glaube und Aberglaube lagen oft nah beieinander, verbunden mit einem tiefen Glauben an die Auferstehung in den Himmel, das Fegefeuer und die Hölle. Der Tod wurde früher nicht als Ende des Seins gesehen, wie in der aufgeklärten Moderne, sondern als Notwendigkeit, um ins Paradies zu gelangen.
Dass früher alles anders war, zeigte die Sprecherin anhand verschiedener Beispiele auf: Sterbenden
wurden Grüße an die bereits früher verstorbenen Familienmitglieder mitgegeben, Totentruhen auf Vorrat am Dachboden deponiert. Sogenannte Seelenmessen sollten dafür sorgen, dass die Seele vor Gott Gnade fand. Am Fest Allerseelen bekamen die Patenkinder von ihren Paten einen süßen Allerseelenzopf aus Hefeteig mit vielen Rosinen. Jedes „Vergelt’s Gott“ erlöste nach altem Glauben eine Seele aus dem Fegefeuer. In Gasthäusern wurde die Allerseelenmaß an die Stammgäste ausgeschenkt.
Ein weiteres Kapitel war den Totenbrettern gewidmet, die bis zur Einführung des Sarges (seit etwa 1870) gebräuchlich waren. Ein Totenbrettspruch lautete: „Das ist eine harte Reis‘, wenn man den rechten Weg nicht weiß. Frag die drei heiligen Leut (Jesus, Maria, Josef), die zeigen dir den Weg zur Ewigkeit. Das älteste erhaltene Totenbrett stammt aus Aigenhof bei Neukirchen b. Hl. Blut und trägt die Jahreszahl 1815 (aufbewahrt im Straubinger Gäuboden-Museum). An die Allgegenwart des Todes erinnern auch Memento-Mori-Briefchen, Betrachtungssärglein, Schluckbildchen, Seelenhäuser und Karner. Es folgten viele Beispiele von früheren Bräuchen, Sagen und Legenden rund ums Sterben früher, die bei so manchem Anwesenden Erinnerungen an die Kindheit weckten. Ankündigungen eines Todes waren z. B. wenn die Wanduhr stehen blieb, die Katzen weinten, der Hund andauernd bellte oder das Totenkäuzchen schrie. Gleich nach Eintritt des Todes wurde das Fenster geöffnet, damit die Seele in den Himmel aufsteigen konnte.
Heutzutage sind die Friedhöfe einem Wandel unterzogen. Statt einem Familiengrab wählen viele Menschen eine naturnahe letzte Ruhestätte (Erdurnengräber, Baumgräber, Urnenwände, anonyme Erdgräber usw.). Feuerbestattungen überwiegen bayernweit mit 70 Prozent. Durch die zahlreichen Kirchenaustritte gibt es inzwischen auch viele Bestattungen außerhalb von Friedhöfen (z. B. Friedwälder). Allerdings ist die Baumbestattung in Deutschland die einzige erlaubte Möglichkeit, sich seinen Bestattungsort außerhalb eines Friedhofes selbst zu wählen. „Die Erdbestattung mit einem Sarg ist aber definitiv ein Auslaufmodell“, sagte Dirschedl. Schließlich berichtete sie über diverse Bestattungsmöglichkeiten in Deutschland und anderen  Ländern (z. B. See-, Luft-, Diamantbestattung, Beerdigung gemäß islamischem und jüdischem Ritus mit Leichentuch ohne Sarg).
In die moderne Welt des Medienzeitalters und einen kreativen Wandel in der Trauerkultur entführten Schilderungen von QR-Codes auf der Rückseite von Grabsteinen, Selbstbau-Särge, Friedhofs-Navigierungs-Apps, Beerdigung via Livestream, Internet-Portale für Beileidswünsche, Homepages mit Erinnerungen an den Verstorbenen. Diese neuen Formen ermöglichen zwar eine positivere, lebenszugewandte Sicht auf den Tod, dennoch gelten die Worte Immanuel Kants „Wer im Gedächtnis seiner Lieben bleibt, der ist nicht tot. Tot ist nur, wer vergessen wird“, endete die Rednerin ihren reich bebilderten Vortrag. (Bericht und Bild: Pfeffer)

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Veröffentlichung

Do, 03. November 2022

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